Christian Retschlag
Family Portrait | 2013 | Silbergelatine
Kleines Archiv der Vögel | 2013 | Silbergelatine
Herd | 2012 | Silbergelatine
Ruin Porn | 2014 | Silbergelatine
Indianer | 2012 | Silbergelatine
Der Preis wurde gesponsert von:
Die Arbeit von Christian Retschlag wurde vom Damen-Lions Club Hofheim Rhein-Main angekauft und mit den bisherigen Preisträger-Arbeiten dem Stadtmuseum Hofheim am Taunus gespendet.
In seiner fünfteiligen schwarz-weiß Bildserie spielt Christian Retschlag mit unterschiedlichen Genres darunter Porträt, Stillleben und Architektur. Die Bildserie folgt weder einem chronologischen noch einem seriellen Ablauf, sondern jedes Einzelbild steht für sich losgelöst zum benachbarten Bild. Erst diese lose Kombination der Einzelbilder evoziert im Auge des Betrachters visuelle Freiräume und neue Bildwelten, die auf der Metaebene des „zweiten Blicks“ ihre ganz eigenen Geschichten erzählen. Die Bilder werden zu individuellen Projektionsflächen und geben dem Betrachter die Möglichkeit, durch eigene Assoziationen unterschiedliche Geschichten wachzurufen oder zu erfinden. Realität und Fiktion durchdringen sich und lösen sich zugleich auf.
Retschlags Bilder changieren zwischen der Wirklichkeit und dem Wahrscheinlichen, dem Grotesken und dem Humorvollen, der dokumentarischen und der inszenierten Fotografie. Manche Bilder erinnern mit ihrer Bildsprache an den „Film Noir“ oder an Filme von Alfred Hitchcock. So etwa, wenn Retschlag sich Sujets wie der Nahansicht von ausgestopften Vögeln oder eines zerfallenen Hauses bedient. Diese Fotos werden von Menschenbildern flankiert. Das erste Bild zeigt in völlig sachlicher Manier ein Familienporträt, wie wir es tausendfach aus Fotoalben kennen, und spielt auf diese Weise mit der Beliebigkeit von Situationen und Momentaufnahmen. Das letzte Bild zeigt das Porträt eines Europäers im Indianerkostüm und greift die Aspekte von Exotik und eurozentrischer Selbstrepräsentation auf. Das Mittelbild scheint mit seiner extremen Nahansicht eines Herdes auf dessen Kochplatte eine Person steht, von der aber nur im Anschnitt die Füße erkennbar sind, „aus der Reihe gefallen“ zu sein. Die Bildserie gibt Rätsel auf, zumal sie nicht dem logischen Ablauf und den gängigen Sehgewohnheiten einer Bildergeschichte folgt.
Die Anfänge des Mediums Fotografie lagen in der absoluten Wiedergabe der Realität. Indem Retschlag in seinen Bildern das scheinbar Vertraute durch Unvertrautes durchbricht, werden diese Parameter in Frage gestellt und gleichzeitig die Fantasie des Betrachters dazu aufgefordert, Sein und Schein immer wieder auszuloten und neu zu gestalten.
Der Jury gehörten an:
- Janina Vitale, Kuratorin DZ BANK Kunstsammlung
- Dr. Claude W. Sui, Forum Internationale Photographie der Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim
- Brigitta Thaysen, Fotokünstlerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin Fotografie und Film, Hochschule Niederrhein
- Christian Werner, Fotograf, Träger des 4. Marta-Hoepffner-Preises
- Ralf Dingeldein, Vorsitzender der Marta Hoepffner Gesellschaft für Fotografie eV.
Die Fotografie ist ein serienorientiertes Medium. Ein Bild zu betrachten regt immer dazu an mehr wissen zu wollen. Wie geht es weiter? Und wo kommt es her? Dabei ist doch gerade das Nichtwissen die Stärke der Fotografie. Dadurch wird sie mysterisch. Und manipulierbar. In meinen Arbeiten erschaffe ich Momente, die nie da waren. Bilder die erst auf dem zweiten Blick ihre Geschichte erzählen. Ich fotografiere nicht in Serie, dennoch interessiert mich die Kombination von Bildwelten. Wie sie sich beeinflussen und so die Wahrnehmung des Betrachters lenken können. Fotografie ist für mich ein Spiel, ein Geschichtenerfinden und Inszenieren. Der Wettbewerbsbeitrag setzt sich dabei ausschließlich aus Großformataufnahmen zusammen.
Christian Retschlag
Geboren 25.09.1987 in Magdeburg
Ausbildung
+ 2008 –2013
Studium Freie Kunst in der Klasse für Fotografie von Dörte Eißfeldt sowie bei Corinna Schnitt und Christoph Schlingensief an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig Diplom mit Auszeichnung
+ 2013
Studienaufenthalt am Art Center College for Design, Pasadena, USA